Krankheitsbild wird aufgezeigt, aber kein Weg zur Heilung - Landkreistag zum Kommunalbericht 2019 des Landesrechnungshofes

Haushaltslage weiter deutlich schlechter als in anderen Bundesländern

Der Landesrechnungshof sieht ein hohes Kassenplus bei gleichzeitig hoher Verschuldung. In der Tat haben die Kommunen im Jahr 2018 einen positiven Finanzierungssaldo in Höhe von 441 Mio. € erzielt. Trotz der bekannt außergewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen haben allerdings fünf Landkreise einen negativen Finanzierungssaldo, weisen elf der 24 Landkreise ein negatives Eigenkapital aus. Der Kassenüberschuss ist, wie auch der Rechnungshof ausführt, erst der dritte seit 1990. „Wenn drei Mal in 30 Jahren mehr Geld in die Gemeindekassen geflossen ist, als dort ausgegeben wurde, dann ist das ja keine Rettung der Kommunen“, so der Landkreistag. Die durchschnittliche Unterfinanzierung seit 1990 beträgt weiterhin jährlich fast 270 Mio. €. 959 von über 2.000 Kommunen haben auch jetzt mit einem Minus abgeschlossen.

Soweit der Landesrechnungshof anmerkt, dass die Zuweisungen des Landes in jüngster Zeit verstärkt an Kreise und kreisfreie Städte geflossen seien, treffe dies allenfalls eingeschränkt zu. Dass jetzt sogar die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, belege die aktuelle Situation auch bei diesen Gebietskörperschaftsgruppen.

Liquiditätskreditschuldung über dreimal so hoch wie der Durchschnitt der anderen Flächenländer

 

Nicht ausreichend ist es, wenn der Landesrechnungshof meint, dass das Land die Kommunen bei der Konsolidierung ihrer Haushalte weiter unterstützen solle. Gefragt und gefordert ist unverändert ein schnelles und umfassendes kommunales Entschuldungsprogramm. So tragen die rheinland-pfälzischen Kreise nach den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes für die kommunale Kassenstatistik zwischenzeitlich rd. die Hälfte (!) aller Kassenkredite aller Landkreise in der Bundesrepublik. Umgerechnet auf Einwohner (398,80 €) ist das mehr als das sechsfache der Kreise in Niedersachsen (64,80 € pro Einwohner), das in diesem negativen „Ranking“ auf Platz zwei der westdeutschen Flächenländer liegt. Die Kassenkredite der Kommunen erreichen das 3,2-fache des Flächenländerdurchschnitts.

„Womit sollen wir uns denn entschulden, wenn die Pflichtaufgaben die Haushalte bestimmen und selbst der Rechnungshof zu Recht die wachsende Ausgabenflut feststellt?“ fragt der Landkreistag. Der lapidare Verweis auf die Möglichkeit, die Gemeindesteuern anzuheben, gehe am Thema vorbei, so der Vorsitzende des Landkreistages Rheinland-Pfalz. Der Rechnungshof lasse - genauso wie die Regierung - komplett die wirtschaftliche Lage und die strukturellen Fragen vor allem ländlicher Räume außer Acht.

Ausführungen zur Kommunal- und Verwaltungsreform Teil II lassen überholtes Denken erkennen

Der Rechnungshof stelle ausschließlich fiskalische Überlegungen an. Dabei sei doch die Frage zu stellen, ob nicht ein Rückzug aus der Fläche auch zu einer Abwendung von staatlichen Institutionen führt. Die Lebensqualität in der Fläche benötige Ansprechpartner und Dienstleistungen vor Ort, damit gleichwertige Lebensverhältnisse entstehen können. Der fortschreitende Prozess der Digitalisierung werde ebenfalls ausgeblendet.

Entwicklungen in Bundesländern, die früher vom Landesrechnungshof als durchaus beispielgebend aufgezeigt wurden, lassen eine Nachahmung als wenig erstrebenswert erscheinen. Reformen wurden dort zum Teil abgebrochen.

„Einrichtungen nah am Bürger schaffen gleichwertige Lebensverhältnisse“, so Schartz. Dass diese effizient arbeiten müssen und die Zusammenarbeit viele Möglichkeiten biete, sei allen Kommunen klar. „Dafür muss man keine Landkarten neu zeichnen“, ist sich der Landkreistag sicher. Man habe zahlreiche Beispiele für gute Zusammenarbeit zu bieten.

Vor diesem Hintergrund erstaune auch, dass der Rechnungshof noch vor den beauftragten Gutachtern eine verstärkte Interkommunale Zusammenarbeit offenkundig nur bedingt als Lösungsansatz sieht.

Der Preis für die „Staatsferne“ ist zu hoch!

Aber auch die errechneten Einsparpotenziale selbst seien zu hinterfragen. Für die errechneten Einsparpotenziale von knapp 60 Mio. € (zum Vergleich: Die Kreise haben allein 1,1 Mrd. € Kassenkredite) wäre mit wachsender Staatsferne ein hoher Preis zu zahlen. Zudem habe der Rechnungshof noch im Vorjahr festgestellt, dass die Personalausstattung der rheinland-pfälzischen Landkreise exakt im Durchschnitt der Flächenländer ohne Rheinland-Pfalz liegt. „Es scheint, als werde fast zwanghaft ein Reformbedarf konstruiert, ohne die Folgen und die Alternativen zu sehen“, so Schartz abschließend.