Nahverkehrsgesetz stoppen - Alle Kräfte zunächst in Bewältigung der Corona-Krise setzen

Der Landkreistag begrüßt zwar grundsätzlich die vorgesehene Aufstufung des ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe. Doch der Teufel steckt in den nachfolgenden Einschränkungen des Wirtschaftsministeriums: danach soll der ÖPNV zunächst nur Pflichtaufgabe im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen werden. Außerdem soll zeitgleich eine umfassende Umorganisation bei den Akteuren des ÖPNV in Angriff genommen werden. Eine neue Struktur im Nahverkehr, obwohl SPNV-Zweckverbände und Verkehrsverbünde aktuell mit erheblichem Einsatz und großem Erfolg die Grundversorgung sicherstellen, ist weder erforderlich noch vermittelbar.

Unberücksichtigt bleibt auch, dass wir in den nächsten Monaten vor erheblichen Herausforderungen beim ÖPNV/SPNV stehen. Im Nahverkehr gab und gibt es erhebliche finanzielle Einbußen aufgrund der Corona-Krise. Das Verkehrsangebot wird derzeit trotz reduzierter Fahrgastzahlen voll hochgefahren, um den Fahrgästen möglichst viel Abstand und Sicherheit zu bieten. Das verlangt den Beteiligten ein enormes finanzielles Engagement ab. Bund und Land sind hier gefordert, sehr schnell finanzielle Hilfen ‑ nicht nur kurzfristig, sondern über die gesamte Durststrecke hinweg ‑ zu leisten. Die Kommunen dürfen dabei nicht auf ihre eigene finanzielle Leistungsfähigkeit verwiesen werden, zumal dann nicht, wenn der Präsident des Rechnungshofes ‑ wie kürzlich geschehen ‑ Ausgabenkürzungen und Einsparungen der Kommunen auch und insbesondere in Krisenzeiten fordert. Bund, Land und Kommunen müssen jetzt vielmehr alle ihre Anstrengungen in die Bewältigung dieser Krise lenken. Hierzu sind insbesondere klare und deutliche finanzielle Aussagen zu treffen. Wenn diese grundlegenden Fragen geklärt und die Rahmenbedingungen für die dringend erforderliche Verkehrswende somit geschaffen sind, dann erst können wir uns mit einer Reform des Nahverkehrsgesetzes beschäftigen. Stattdessen Zeit und Aufwand für eine Organisationsreform aufzubringen, hält der Landkreistag derzeit nicht nur für unangebracht, sondern für fehlgeleitet und kontraproduktiv. „Die Akteure des ÖPNV und SPNV, die Zweckverbände des SPNV und die Verkehrsverbünde des ÖPNV, müssen in dieser Krise ebenso wie die Verkehrsunternehmen enormes leisten. Sie sind jetzt besonders gefordert und beweisen täglich herausragenden Einsatz. Gerade jetzt sollte man auf ein solches Team setzen und es nicht zerschlagen“, so die Geschäftsführende Direktorin des Landkreistages, Daniela Franke. Der Landkreistag ist an der Erarbeitung eines zeitgemäßen Nahverkehrsgesetzes, das die Handlungsmöglichkeiten der Kreise und kreisfreien Städte zum Wohl einer Verkehrswende stärkt, sehr interessiert. Ein solches Gesetz muss aber die Corona-Krise und ihre Auswirkungen mitberücksichtigen und für die Kommunen eine echte Perspektive zur Erfüllung ihrer Aufgaben darstellen. Das beinhaltet, die Gesetzesfolgen offenzulegen und eine auskömmliche Finanzierung sicherzustellen.