Schulden und Unterfinanzierung verhindern Investitionen in die Zukunft - Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse Rheinland-Pfalz formuliert Erwartungen zur kommunalen Finanzausstattung an die Landesregierung

„Viele Kommunen in unserem Bundesland haben bereits seit Jahrzehnten mit einer desolaten Finanzsituation zu kämpfen. In den letzten Jahren gab es hier zwar einige Lichtblicke. Gleichwohl sind aktuell immer noch rund 40 Prozent aller Kommunen im Defizit“, so der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, Vorsitzender des Städtetags Rheinland-Pfalz. Die Folgen der jahrelangen Unterfinanzierung zeigten sich in hohen Schuldenständen, im Vergleich zu anderen Bundesländern unterdurchschnittlichen Investitionen in die lokale Infrastruktur und nur geringen Spielräumen zur finanziellen Unterstützung, zum Beispiel von Tourismus, Kultur und Wirtschaftsförderung.

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, Ralph Spiegler, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz, forderte eine effektive Altschuldenlösung: „Schulden von heute verhindern notwendige Investitionen in die Zukunft. Wir brauchen eine tragfähige, umfassende Lösung der Altschuldenproblematik. Insofern ist es zu begrüßen, dass das Land sich entschieden hat, die Hälfte der Schulden zu übernehmen. Das muss allerdings für alle Kommunen gelten und darf nicht nur Kredite gegenüber Banken, sondern auch interkommunale Verbindlichkeiten berücksichtigen. Im Übrigen unterstützen wir die Bemühungen des Landes, den Bund beim Abtragen der anderen Hälfte der Altschulden in die Pflicht zu nehmen.“

Der Landrat des Kreises Germersheim, Dr. Fritz Brechtel, stellvertretender Vorsitzender des Landkreistags Rheinland-Pfalz, forderte darüber hinaus: „Die Unterstützung bei der Entschuldung der Kommunen dient allein der Bewältigung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Altschulden. Ursache des Schuldenbergs ist eine laufende Unterfinanzierung der Kommunen. Um aber sicherzustellen, dass die Kommunen einen starken Rücken haben für die vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft - von der Aufnahme ukrainischer Kriegsvertriebener, der andauernden Pandemiebekämpfung bis zur Energie- und Verkehrswende - benötigen wir dringend eine Lösung für die Zukunft.“ Daher sei eine auskömmliche Finanzausstattung durch einen kommunalfreundlichen Finanzausgleich das Gebot der Stunde.

Die Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz / Saarland, Susanne Wingertszahn, stellte klar: „Investitionen in die Zukunft sind entscheidend, um den sozial-ökologischen Wandel zu meistern. Das gilt vor allem auf kommunaler Ebene: Es geht um lebenswerte Städte und Gemeinden mit guten Arbeitsplätzen, einer intakten sozialen Infrastruktur, einem gut ausgestatteten Bildungssystem von Anfang an, einem leistungsstarken ÖPNV und energieeffizienten Gebäuden, die den Klimaschutz auch vor Ort voranbringen.“ Neben einer auskömmlichen Finanzausstattung brauche man dafür eine vollständige Entschuldung der Kommunen. Wenn nur die Hälfte der kommunalen Altschulden abgelöst würde, hätten die Kommunen immer noch keinen ausreichenden Spielraum.

Anja Obermann, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, ergänzte: „Die Kommunen müssen auch zukünftig in der Lage sein, wichtige Infrastrukturinvestitionen vorzunehmen. Schüler brauchen funktionierende Schulgebäude und eine Ausstattung, die den heutigen Anforderungen entspricht. Straßen und Gebäude müssen saniert und erhalten werden. Ein weiterer Verfall der Infrastruktur geht auf Kosten der nachfolgenden Generationen.“

"Die IHKs begrüßen die geplante Entschuldung der Kommunen und die Neuordnung des Finanzausgleichs. Beides sind wichtige Bausteine, um Investitionsstaus aufzulösen und die Attraktivität der Städte und Gemeinden zu verbessern", so Jürgen Vogel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Pfalz. Gleichzeitig warnt die IHK Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz vor Erhöhungen der Gewerbe- und Grundsteuern. "Diese sind Gift für die ohnehin angeschlagene Konjunktur und gefährden langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Standorte", so Müller weiter.

Im Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse Rheinland-Pfalz haben sich bereits 2021 der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Landkreistag, der Städtetag, der Gemeinde- und Städtebund, die Handwerkskammern sowie die Industrie- und Handelskammern zu einem gemeinsamen Bündnis zusammengeschlossen. Ziel des Bündnisses ist es, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen wiederherzustellen. Dazu ist eine Lösung der Altschuldenproblematik und eine dauerhafte angemessene Finanzausstattung der Kommunen notwendig.