Fachkräftemangel könnte Bekämpfung des Coronavirus erschweren

Fachkräftemangel könnte Bekämpfung des Coronavirus erschweren

Viele Gesundheitsämter in Rheinland-Pfalz klagen angesichts einer möglicherweise bevorstehenden Epidemie des neuartigen Coronavirus über zu wenig Personal. Das hat eine SWR-Umfrage unter allen 24 Gesundheitsämtern ergeben.

Zahlreiche Kreise wiesen auf SWR-Nachfrage auf eine schwierige Personalsituation bei Hygieneinspektoren in ihren Gesundheitsämtern hin. Die Umfrage ergab, dass es bei den zuständigen Kommunen derzeit 92 Stellen für diese Berufsgruppe gibt. Eine der vielen Aufgaben eines Hygieneinspektors ist die Meldung von Infektionskrankheiten wie dem Coronavirus an die zuständigen Landes- und Bundesbehörden.

Schlüsselrolle bei meldepflichtigen Infektionskrankheiten

Meldet beispielsweise ein Hausarzt einen Corona-Verdachtsfall beim Gesundheitsamt, ist es üblicherweise ein Hygieneinspektor, der dem Fall nachgeht. Er spricht mit Patienten und möglichen Kontaktpersonen und entscheidet gemeinsam mit einem Amtsarzt über weitere Maßnahmen wie beispielsweise Quarantäne.

Hygieneinspektoren

Hygieneinspektoren überprüfen als Mitarbeiter der Gesundheitsämter unter anderem die Trink- und Badewasserqualität. Sie führen außerdem Hygienekontrollen in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Krankenhäusern durch, beraten bei der Schädlingsbekämpfung oder kontrollieren die Sauberkeit in Restaurantküchen. (Quelle: Bundesverband der Hygieneinspektoren e.V.)

Wie die Umfrage ergeben hat, können fünf Gesundheitsämter in Rheinland-Pfalz freie Stellen für Hygieneinspektoren derzeit nicht besetzen. Ein Sprecher des Gesundheitsamts in Kaiserslautern beispielsweise sieht sich zwar für den "Normalfall" gut aufgestellt: "Allerdings macht sich in diesem Bereich auch der wachsende Fachkräftemangel bemerkbar, wenn Stellen aus Altersgründen oder sonstigen personellen Veränderung neu besetzt werden müssen."

Hohe Arbeitsbelastung wegen zusätzlicher Aufgaben

Im Donnersbergkreis hat man es zwar geschafft, alle Hygieneinspektoren-Stellen zu besetzen. Trotzdem bezeichnet eine Sprecherin die Personalsituation auf SWR-Anfrage als "sehr angespannt", weil in den vergangenen Jahren beispielsweise durch das neue Masernschutzgesetz zusätzliche Aufgaben auf die Gesundheitsämter zugekommen seien. Solche Hinweise gehen aus vielen Antworten auf die SWR-Umfrage hervor, beispielsweise aus Germersheim.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Hygieneinspektoren, Sascha Schöler, beklagt ebenfalls die hohe Arbeitsbelastung seines Berufsstandes. Viele Landkreise seien unterbesetzt mit Hygieneinspektoren. Das führe schon im Regelbetrieb dazu, dass sie nur Pflichtaufgaben erfüllen könnten, wie etwa die Überwachung der Trinkwasserqualität. Beratende Gespräche, beispielsweise in Kitas oder Altersheimen, blieben dabei auf der Strecke.

Landkreistag: "Bei Epidemie wird Lage ernst"

Burkhard Müller vom rheinland-pfälzischen Landkreistag kennt das Problem der angespannten Personalsituation im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Im Falle einer Epidemie würde die Lage in den Gesundheitsämtern "nicht nur schwierig, sondern ernst. Weil wir nicht in der Lage sind, in kurzen Zeitabständen entsprechendes Personal heranzuziehen". Dann müssten die Gesundheitsämter die Hygieneinspektoren beispielsweise von Verwaltungsaufgaben wie der Meldung von Krankheitsfällen entlasten. Auch Gesundheitsämter angrenzender Kreise könnten dann helfen. In Germersheim habe das gut funktioniert.

Gesundheitsämter wünschen sich Taskforce

Trotzdem bleibe es dabei, dass die Personaldecke dünn sei, so Burkhard. Deshalb müsse man sich auch darum kümmern, dass die Akademien für das öffentliche Gesundheitswesen mehr Hygieneinspektoren ausbildeten – und mittelfristig mehr Stellen bei den Kreisen geschaffen würden.

Im Kreis Trier-Saarburg beispielsweise wünscht man sich deshalb mittelfristig angesichts der vielen neuen Aufgaben der Gesundheitsamts-Mitarbeiter, dass der „hierdurch entstehende deutliche Mehraufwand durch den Gesetzgeber erstattet werden" sollte. Kurzfristig schlägt unter anderem das Gesundheitsamt Mainz-Bingen eine "Eingriffsgruppe mit Experten zur Unterstützung“ vor, die vom Land oder dem Bund bereitgehalten würde.

Land hilft bei Bürokratie

Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) lehnt es ab, dass das Land eine Experten-Taskforce bereitstellt, die flächendeckend den Kreisen im Fall einer Epidemie hilft. Für die Gesundheitsämter seien die Kommunen zuständig. Trotzdem sehe man den Fachkräftebedarf im gesamten öffentlichen Gesundheitsdienst - und habe auch deshalb eine Studienquote für Mediziner eingeführt, die später in diesem Bereich arbeiten wollen.

Die Hygieneinspektoren unterstütze man beispielsweise im aktuellen Fall des Coronavirus durch Beratung und Entlastung bei bürokratischen Aufgaben. Drei Mitarbeiter des Landesuntersuchungsamtes in Landau unterstützen telefonisch beim Ausfüllen der komplizierten Meldeformulare der Weltgesundheitsorganisation. Diese Mitarbeiter könnten auch vor Ort in belasteten Gesundheitsämtern helfen. Eines sei aber klar: "Wenn wir einen riesigen Ausbruch des Coronavirus haben, dann kommen Sie mit einer Taskforce gar nicht mehr zurecht."

Und deshalb geht es im Fall der Fälle angesichts der dünnen Personaldecke in den Ämtern wohl auch um die Problemlösungsfähigkeit der einzelnen Kreise. Beim Landkreistag zeigt sich Burkhard Müller zuversichtlich, dass das klappt: "Wir haben die Vogelgrippe überstanden, wir haben die Schweinegrippe überstanden. Unser System funktioniert richtig gut."

Quelle: SWR - Frederik Merx, Landespolitischer Korrespondent