Schartz dazu: „Wenn das die Haltung von Frau Dreyer, ihrem Kommunalminister Lewentz und der ganzen Regierung ist, dann muss man sich fragen, wie ernst die kommunalen Belange von der Regierung tatsächlich genommen werden. In den zuletzt mit dem Kabinett geführten Gesprächen habe es zu vielen Themen der Kommunen ein eher pauschales „Nein“ von Frau Dreyer und Kommunalminister Lewentz gegeben. Man bete dort schon wie eine Mantra die Aussage, doch 60 Mio. € mehr für bestimmte Kommunen mit besonders hohen sozialen Lasten zu geben. Allenfalls ein Tropfen auf einen schon kochenden Stein. Die Kommunen fordern jährlich mindestens 300 Mio. €, um die Haushalte einigermaßen ins Lot zu bringen. Von nachhaltigem Schuldenabbau keine Rede.
Regierung will in Wirklichkeit nichts ändern, denn sie betrachtet nie die Ausgaben
„Die 60 Mio. € werden nur durch Umverteilung im System des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) besorgt, fehlen also den Gemeinden, Städten und Landkreisen an anderer Stelle. Der KFA ist eine gesetzlich definierte Rechengröße und keine „Gabe oder Gnade“ der Regierung“, so Schartz. Es habe bislang kein „aktives Zutun“ der Landesregierung für bessere Rahmenbedingungen gegeben.
Dies alles zeige, dass man im Grunde genommen die Belange der Kommunen nicht ernst nehmen will.
Als Beleg dafür führt er die Diskussion um die anstehende Neuregelung des KFA an. Die Regierung stelle sich leider nicht der Frage, wie die Ausgabensituation der Kommunen aussehe, sondern beauftrage Gutachter, um ihre inakzeptablen Positionen zu stützen. „Leider hat auch Kommunalminister Lewentz kein offenes Ohr für uns“, so Schartz. Die kommunalen Spitzenverbände müssten jetzt mit Gegengutachten reagieren, um seriöse Datengrundlagen zu finden. Schartz weiß aus seiner eigenen Mitarbeit in der Enquete-Kommission Kommunale Finanzen in 2012 und 2013, dass die Regierung viel Zeit damit verbracht hat, den Kommunen nachzuweisen, sie hätten aus ihrer Sicht genügend Geld. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck habe dann - ohne die Ergebnisse der Kommission überhaupt abzuwarten - Veränderungen im KFA vorgenommen, die im Ergebnis nichts brachten. „Die Enquete-Kommission war nichts als eine ‚Alibi-Veranstaltung‘, weil andere Meinungen nicht wirklich gefragt waren“, so der Vorsitzende des Landkreistages.
Kommunen finanziell so ausstatten, dass sie ihre Aufgaben und neue Herausforderungen bewältigen können
Digitalisierung, Schulausstattungen, die Ärzte- und Krankenhausversorgung, Sanierung vieler maroder Orts- und Kreisstraßen, Mobilität, Klimaschutz, die vielfältigen demografischen Herausforderungen, die Entwicklung ländlicher Räume, Vereinswesen, Kulturförderung oder auch die personellen Ausstattungen in den Verwaltungen selbst sind umfassende und zum Teil neue Aufgaben der Kommunen, die zu berücksichtigen sind.
Die Sozialausgaben steigen jährlich, Rheinland-Pfalz erstattet in vielen Bereichen gerade einmal 11 bis 25 % davon. Die Kita-Aufwendungen werden ständig hochgeschraubt, die Kommunen zahlen über 80 % dieser Kosten, da der sogenannte „Landesanteil“ (aktuell 380 Mio. €) auch aus dem KFA, also aus kommunalen Mitteln, entnommen wird. Bei jeder Gesetzesnovelle werden den Kommunen zusätzliche Vollzugsaufgaben und Personalkosten ohne Ausgleich aufgebürdet. Die Konnexität, also „Wer bestellt, der bezahlt!“, ist ständiger Streitpunkt zwischen Land und Kommunen, da hier nachweislich ein „ständiges Njet“ aus den Ministerien kommt, wenn es um Finanzierungslasten gehe.
Wer immer nur die Einnahmen der Kommunen anführt und sich dabei mit fremden Federn, nämlich Bundesmitteln, schmückt und auf der anderen Seite die Ausgaben nicht sieht, der will sich nicht ernsthaft mit den Problemen vor Ort befassen, so Schartz, der auch Landrat des Kreises Trier-Saarburg ist.
Kommunen werden zur „Bad Bank“ des Landes, weil rechtliche Pflichten ohne Kostenausgleich auf sie verlagert werden
Zuschüsse werden verzögert über Jahre ausgezahlt, selbst bei klaren gesetzlichen Ansprüchen der Kommunen. Dabei verweist die Regierung zu gerne auf „fehlende Haushaltsmittel“ oder angeblich „fehlende Mittel des Bundes“.
Gerade bei den Flüchtlingsausgaben sei dies wieder deutlich geworden, denn dort führt die Landesregierung an, sie habe kein Geld vom Bund bekommen und könne deshalb nicht zahlen. Die Kommunen müssen dies aber und können den Bürgern nie sagen, dass kein Geld da sei.
Selbst die gemeinsam von Land und Kommunen zugesagte Evaluation bei den Flüchtlingsausgaben sei von Frau Dreyer zunächst abgestritten worden und erst nach massiver Intervention der Spitzenverbände jetzt auf der Agenda. Ob und wie schnell überhaupt eine Lösung komme, sei unkalkulierbar, da wahrscheinlich ein langwieriger „Streit über Zahlen“ folge, so die Furcht der Kommunen. Andererseits verbessert sich die Finanzlage des Landes selbst stetig.
„Die Kommunen werden also immer mehr zur „Bad Bank“ des Landes, denn die Rechtsansprüche der Bürger werden in aller Regel gesetzlich gegen die Kommunen gerichtet. Wenn Frau Dreyer den Kommunen mit ihrer Aussage eine „Standardreaktion“ vorwirft, dann nimmt sie die Kommunen nicht ernst und sollte endlich einmal ihr eigenes Verhalten und das ihrer Ministerien seriös hinterfragen - und zwar einmal mit den Augen der Kommunen und den erkennbaren Herausforderungen. „Leider verkennt man in der Regierung, dass Land und Kommunen in einer ‚Haftungsgemeinschaft‘ stehen und die Schuldenbremse nie auf Kosten des anderen Partners umgesetzt werden kann“, zieht Schartz sein Résumé.