Holz statt Beton - vorbildlich - Kommunen können mit dem Einsatz ökologisch günstiger Baustoffe auch architektonisch Akzente setzen

Der Standort hat Architektur und Bauausführung mitgeprägt – bei der Materialauswahl und der vollverglasten Rückfront der Halle, wo es über die Terrasse zum Wald übergeht. Professor Michael Schanné vom Kaiserslauterner Architektenbüro AV1 berichtet aus der Planungsphase, dass der vorgeschlagene besonders nachhaltige Holzbau die Gemeinde als Bauherrin von Beginn an überzeugt hat. Was nicht selbstverständlich sei: Gemeinhin habe es der Holzbau etwas schwerer, sagt Schanné, gerade auf dem Land. Anfangs sei meist einiges an Überzeugungsarbeit vonnöten, um Vorbehalte bezüglich Dauerhaftigkeit und Brandsicherheit auszuräumen.

Dabei war Holz viele Jahrhunderte lang der hierzulande bei weitem wichtigste Baustoff. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von Stein und Stahl abgelöst, bevor nur wenige Jahrzehnte später Beton an allen anderen Baumaterialien in einer steilen Kurve vorbeizog. Mit der Folge einer erheblichen Verschlechterung der Bilanz beim Ausstoß von Treibhausgasen. Das hohe Treibhauspotenzial von Zement und Beton liegt im aufwendigen Herstellungsprozess. Brennvorgänge oder das Schäumen von Zuschlagstoffen setzen sehr viel CO2 frei. Der regenerative Rohstoff Holz schneidet in der Ökobilanz erheblich besser ab.

Im Innen der Kulturhalle dominieren helle Sichtholzflächen, der Blick schweift durch die fast gebäudebreite Glasfront in den direkt angrenzenden Bienwald.

Klimaschutzziele erreichen

Holzbau und die intelligente stoffliche Holzverwendung sind wichtige Bestandteile im Klimaschutzkonzept des Landes Rheinland-Pfalz. Und auch im „New Green Deal“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spielt er eine bedeutsame Rolle: Im Projekt „Neues Europäisches Bauhaus“.

Die Holzbauweise birgt erhebliches Potenzial für einen nachhaltigen und energieeffizienten Gebäudebestand: Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, Abfälle aus Holz sind biologisch abbaubar oder können zur Wärmegewinnung genutzt werden. Bäume filtern schädliches CO2 aus der Luft und reichern sie mit Sauerstoff an.

Der Rohstoff Holz hat, gerade in waldreichen Regionen wie Rheinland-Pfalz, durchaus Bedeutung für die regionale Wertschöpfung. In der Summe tragen Holzbauten und die vermehrte Verwendung von Holzbaustoffen im Gebäudebereich maßgeblich dazu bei, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Derzeit wird nur etwa jedes vierte Privathaus in Holzbauweise errichtet; im öffentlichen Bereich ist die Quote deutlich geringer und zumeist handelt es sich dann um Kindergärten oder -tagesstätten. Die Liste gelungener Beispiele in diesem Bereich ist inzwischen lang – hier ein paar willkürlich herausgegriffene Beispiele: die Städtische Kindertagesstätte Hanni Kipp in Alzey, die Katholische KiTa St. Peter in Wittlich oder die „Mäuseburg“ in Speyer, allesamt prämiert im Rahmen der Aktion „H.ausgezeichnet“ von der Energieagentur Rheinland-Pfalz.

Baumaterial aus dem Stadtwald

Bei ähnlich Projekten gewinnt die Holzbauweise an Zuspruch: In Mayen entsteht zurzeit ein neuer Kindergarten in der Weiersbach, weitgehend gebaut mit Holz aus dem eigenen Stadtwald; das Hunsrückdorf Wiebelsheim plant nach Beschluss der Gemeinderäte einen komplett aus Holz gebauten Kindergarten für einen übergreifenden Zweckverband.

Offene Bereiche und große Sichtholzflächen sind kennzeichnend für all diese Gebäude. Und das gilt auch für die eingangs erwähnte Kulturhalle in Schaidt. Philipp Wendel, für AV1 als Bauleiter dort eingesetzt, hebt die lichtdurchfluteten Arkaden im Foyer und den Blick durch das helle Gebäude ins Grüne als besondere Attribute des Bauwerks hervor. Denn das Bauen mit Holz biete viele positive Aspekte, vom Wohlfühl-Effekt durch die warmen Holztöne im Innern über die Langlebigkeit des Materials, das in dieser Hinsicht etwa Gipskarton gegenüber weit überlegen sei, bis hin zum Faktor Bauzeit: Durch den hohen Grad an Vorfertigung stand die Kulturhalle viel schneller, als dies in traditioneller Stein-auf-Stein-Bauweise zu schaffen gewesen wäre.

Kommunen setzen sichtbar Zeichen

Auch Architekt Wendel lobt die kommunalen Entscheider für ihr klares Votum zugunsten nachhaltiger Bauweise. Ihrer Vorbildfunktion werde die Gemeinde mit öffentlichen Bauten aus Holz sichtbar gerecht.  

Spektakulärer Architektur setzt der Baustoff Holz kaum noch Grenzen. Rund 80 Meter misst das derzeit höchste Holzhaus, es steht in Norwegen. Berlin will diesen Titel allerdings erobern und plant ein Wohnhochhaus von beinahe 100 Metern Höhe. Für große Spannweiten im Tragwerk stehen ebenfalls vielfältige Lösungen zur Verfügung.

Fachinformationen nachgefragt

Der langen Liste von Vorteilen – nicht nur für den Klimaschutz – stehen nur wenige Nachteile gegenüber: Neben den derzeit stark gestiegenen Preisen für Bauholz nennen Experten im Wesentlichen erhöhte Anforderungen an den Brandschutz und kompliziertere Genehmigungsverfahren. Wie diese Herausforderungen zu bewältigen sind, das vermitteln unter anderem stark nachgefragte Informationsveranstaltungen, die die Energieagentur Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Gemeinde- und Städtebund alljährlich anbietet, fachlich unterstützt vom Holzbaucluster Rheinland-Pfalz sowie einer ganzen Reihe weiterer Kooperationspartner.

Am 29. September lautet das Thema „Sanierung, Erweiterung und Aufstockung in Holzbauweise“. Die Referenten stellen anhand von Praxisbeispielen aktuelle planerische und technische Entwicklungen und Möglichkeiten vor. Eine Anmeldung zur – coronabedingt online angebotenen – Veranstaltung ist erforderlich, bis Montag, 27. September (Anmeldung unter https://events-energieagentur-rlp.de/event.php?vnr=390-10a#EventAnmeldung). Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, Gebühren fallen nicht an. 

Für weitere Informationen steht bei der Landesenergieagentur Christiane Heimerdinger zur Verfügung, stv. Abteilungsleiterin Nachhaltige Prozesse & Gebäude, unter Telefon 0631 - 343 71 156, Mail: christiane.heimerdinger@energieagentur.rlp.de.


Info: Stämme bestmöglich nutzen

Die Schneidetechnik beherrschen bisher nicht viele Sägewerke. Und das erschwert es den Erfindern, ihre besonders nachhaltige Methode so häufig einzusetzen, wie sie es sich wünschen. Im Architekturbüro Neubauer in Emmelshausen (Rhein-Hunsrück-Kreis) haben Vater Harald und Sohn Daniel („vor allem er“, sagt der Vater) eine einleuchtende Idee zur Produktionsreife gebracht: Statt in rechteckige Balken und Bretter wird der Stamm in Pizzastück-ähnliche Achtel zerlegt. Diese Achtel ergeben, in wechselnder Ausrichtung neben einander gestellt, eine massive gerade Wand; zugleich neutralisieren sich so die Kräfte im Holz, das sogenannte „Arbeiten“.

Zusätzlicher Clou: Die Verbindung zwischen den Holz-Elementen ist ohne Schrauben oder Nägel möglich, allein durch ebenfalls hölzerne Schwalbenschwanz Verbindungen, die in passend ausgefräste Nuten getrieben werden (siehe schematische Darstellungen). Ein perfektes Bausatz-Prinzip – alle Elemente lassen sich zerstörungsfrei wieder auseinandernehmen und für andere Projekte erneut verwenden.

 


 Vorteil für Kommunen und andere Bauherren: Durch das Weglassen künstlicher Materialien wie Folien aus Plastik sowie metallische Verbindungen wie Nägel, Schrauben oder Klebstoffe, wird das Gebäude nicht nur mit deutlich weniger umweltbelastender Energie für die Herstellung der Materialien errichtet, im Innern verbessert sich auch das Wohnklima. Daniel Neubauer: „Ein naturnaher, nachhaltiger und gesunder Lebensstil beginnt bereits beim Planen der Gebäude.“

Information und Kontakt unter http://www.architekturbuero-neubauer.de/