„Alle Gemeinden profitieren“ - Wie Windkraft-Erträge gerechter verteilt werden, erläutert GStB-Chef Karl-Heinz Frieden im Interview

Zwar spielten „die Bundesländer eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung“, wie die AEE analysiert. Das Ausverhandeln und die Umsetzung von Solidarpakten finden jedoch stets auf kommunaler Ebene statt, vornehmlich in den Verbandsgemeinden. Zahlreiche Beispiele finden sich beispielsweise in den Landkreisen Rhein-Hunsrück und Cochem-Zell.

Denn „ obwohl die allgemeine Zustimmung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien konstant hoch ist, kommt es bei der konkreten Umsetzung vor Ort dennoch immer wieder zu Interessenkonflikten und gelegentlich auch zu starken Widerständen“, heißt es in der Untersuchung der AEE, die im Sommer veröffentlicht wurde.

Wie Solidarpakte konkret wirken und welche Modelle sich als besonders günstig erweisen haben, erläutert Karl-Heinz Frieden in einem Gespräch mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Frieden ist seit 2018 Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes (GStB).

Karl-Heinz Frieden

Was sind die wesentlichen Vorteile von Solidar-Pakten?

Alle Solidarmodelle sorgen dafür, dass auch die Gemeinden ohne beträchtliche eigene Erträge aus Erneuerbaren Energien, etwa weil sie nicht über geeignete Standorte verfügen, an der regionalen Wertschöpfung direkt partizipieren. Das ist praktizierte Solidarität.

Zugleich wird damit ein zumindest finanzieller Ausgleich für die mit Windkraftanlagen auch im günstigsten Fall nun einmal verbundenen Belastungen – Landschaftsbild, eventuell auch Schall – für die Einwohner der Gemeinden ohne Standort erreicht. Und schließlich können sie im Einzelfall auch erheblich zur Akzeptanz in der Bevölkerung betragen.

Grundvoraussetzung ist stets der notwendige kommunalpolitische Wille, solche solidarischen Wege zu gehen.

Sie sprachen von mehreren Modellen. Was sind die Unterschiede?

Es gibt zwei Grundmodelle: der sogenannte "schlichte Solidarpakt" und die solidarisch motivierte und unternehmerische gemeinsame Trägerschaft von EE-Anlagen. Den ersten Typus gab es von allem anfangs im Zuge des Auf- und Ausbaus der Windkraft im Lande. Sie bestehen im Kern darin, dass sich die Standortgemeinden solidarisch gegenüber den nicht (bzw. wenig-) Standortgemeinden zeigen, indem – auf vertraglicher Basis und in der Regel auf Verbandsgemeinde-Ebene – ein Teil der Erträge auch diesen zu Gute kommt. Davon gibt es im Land eine gute Handvoll.

In jüngerer Zeit gehen viele Gemeinden – ebenfalls meist auf VG-Ebene – immer mehr dazu über, die Anlagen in gemeinsamer kommunaler Trägerschaft, meist in Form einer AöR, zu bauen und betreiben, vor allem im Bereich der Flächen-PV. Die erzielten unternehmerischen Erträge kommen über die AöR allen Beteiligten über einen jeweils festzulegenden Schlüssel zu Gute.

Der Vorteil des unternehmerischen Solidarpakts liegt zum einen darin, dass nicht nur Pachteinnahmen, sondern auch unternehmerische Gewinne erzielbar sind. Das dem entgegenstehende unternehmerische Risiko ist gut vertretbar. Zudem gibt es hier – anders als beim schlichten Solidarpakt – keine haushaltsrechtlichen Hürden.

In beiden Fällen sind die erzielten Einnahmen nicht umlagerelevant, das Umlagesystem innerhalb einer Verbandsgemeinde an sich wird dadurch nicht berührt und auch nicht beeinträchtigt.

Wer profitiert davon?

In allen Fällen profitieren letztlich alle Beteiligten davon, also eine „Win-win-Situation“: Die „begünstigten“ Gemeinden profitieren wegen der Teilhabe an der regionalen Wertschöpfung, die „abgebenden“ Gemeinden profitieren von höherer Akzeptanz der in ihrem Gebiet stehenden Anlagen in den Nachbargemeinden; das gilt vor allem für die Windkraft.

Aus Sicht des GStB besonders erfreulich ist an dieser Stelle, dass sich auch das Land mit seinen WEA im Staatswald an den Solidarpakten beteiligt, und einen Teil der Erträge an die Standortgemeinden abgibt.

Kennen Sie besonders hervorzuhebende Positivbeispiele?

Alle Solidarpakte, die zustande gekommen sind, sehen wir als gelungen an. Jeder sozusagen auf seine Weise. Dies gilt für beide Grundmodelle. Aus Sicht des GStB sind jedoch aktuell die unternehmerischen Solidarpakte wesentlich vorteilhafter. Und das nicht alleine wegen der bereits erwähnten höheren Ertragserwartung.

Denn die zunächst zu diesem Zweck gegründeten Organisationen können sozusagen eine Keimzelle für weitere Ansätze der interkommunalen Zusammenarbeit sein; die kommunalpolitischen Vorarbeiten sind ja bereits geleistet. So könnten zum Beispiel relativ leicht weitere Aufgaben übertragen werden – wie etwa im Zusammenhang mit der kommunalen Wärmeplanung die Entwicklung neuer Nahwärmeversorgungen – sei es mit Biomasse oder Kalter Nahwärme.