Die Mitgliederversammlung hat darüber hinaus die bisherigen Vizepräsidenten Landrat Sven Ambrosy (Landkreis Friesland) und Landrat Thomas Karmasin (Landkreis Fürstenfeldbruck) für eine weitere Wahlzeit als Vizepräsidenten sowie als neue Vizepräsidenten Landrat Götz Ulrich (Burgenlandkreis), Landrätin Anita Schneider (Landkreis Gießen, ab 28.11.2024) und Landrat Olaf Schade (Ennepe-Ruhr-Kreis, ab 16.11.2025) gewählt. Der vormalige DLT-Präsident Reinhard Sager ist außerdem ab sofort DLT-Ehrenmitglied.
Der neu gewählte Präsident bedankte sich bei den Delegierten aus den Landkreisen für das eindrucksvoll entgegengebrachte Vertrauen und richtete sodann das Wort an seinen Vorgänger: „Lieber Reinhard, Du hast extrem viel für den Deutschen Landkreistag getan und ihm zehn Jahre lang wie kein zweiter vor Dir Gesicht und Stimme verliehen. Das hat unserer medialen Präsenz, insbesondere aber der Durchsetzungskraft unserer natürlich schon von Hause aus immer überzeugenden Argumente, spürbar gutgetan.
Brötel kam in seiner Antrittsrede auf die großen Herausforderungen zu sprechen, die vor den Landkreisen stünden, auch und gerade bezogen auf eine kritikwürdige Bundespolitik: „Wir müssen uns aktiv einmischen, wenn bestimmte Dinge falsch laufen, konstruktiv daran mitwirken, dass es stattdessen in die richtige Richtung geht, und kraftvoll für die notwendigen Veränderungen sorgen, wo wir selbst Gestaltungsspielräume haben.“
Die Landkreise stünden wie keine zweite Ebene für lösungsorientiertes, zupackendes Handeln und damit zugleich auch für Verlässlichkeit vor Ort. „Pragmatisch, effizient und erfolgreich. Daran müssen wir die Politik immer wieder erinnern. Ohne finanziell ordentlich ausgestattete Landkreise ist kein Staat zu machen.“ Der Weg führe über eine signifikante Stärkung der kommunalen Steuerbasis, was nur durch eine dauerhafte, spürbare und insbesondere auch strukturelle Erhöhung des Umsatzsteueranteils erfolgen könne, die unmittelbar den Landkreisen zugutekommt. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sei nämlich kein leerer Programmsatz, sondern vielmehr ein eindeutiger politischer Handlungsauftrag.
Das gelte auch für die gerade anstehende Krankenhausstrukturreform: „Wir brauchen keine Revolution, die uns nachher einen ungeordneten Scherbenhaufen hinterlässt, sondern eine sinnvolle Evolution. Und wir brauchen eine Reform, die die Betriebskosten auskömmlich regelt und zugleich die verfassungsrechtlich geschützte Planungshoheit der Länder wahrt.“ Im Fokus der Politik müssten deshalb die Menschen und ihre konkreten Bedürfnisse stehen und nicht „der missionarische Eifer eines einzelnen Ministers“, brachte er es auf den Punkt.
„Unser Land ist und bleibt dezentral geprägt. 57 Millionen Menschen – das sind zwei Drittel – leben in der Fläche. Genau um diese Menschen geht es, wenn wir von gleichwertigen Lebensverhältnissen sprechen – beim Glasfaserausbau, bei der Wohlstandssicherung, im ÖPNV, bei der sozialen und kulturellen Teilhabe, aber etwa auch dann, wenn die eigenen Kräfte mit fortschreitendem Lebensalter nachlassen.“ Eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre werde es sein, die Pflege zukunftsfest auszugestalten.
Die Bundespolitik sei „ziemlich weit weg von dem, was die Menschen vor Ort bewegt.“ Den Landkreisen machten vor allem die schiere Aufgabenfülle und Aufgabenvielfalt große Schwierigkeiten. „Ein Kernthema ist die Bewältigung des immer noch zu hohen Zustroms geflüchteter Menschen, die unterzubringen, zu versorgen, vor allem aber zu integrieren sind. Hinzukommen der Klimawandel, die Zukunft des Sozialstaats, der Arbeitskräftemangel, die Energie- und Mobilitätswende, der flächendeckende Glasfaserausbau und vieles mehr.“
Problematisch sei außerdem die „nahezu grenzenlose Detailverliebtheit der Gesetzgeber, was inzwischen in Gesetze und Verwaltungsvorschriften mündet, die an filigraner Ausdifferenzierung kaum mehr zu überbieten sind. Das ist nicht nur nicht notwendig und verkompliziert die Umsetzung vor Ort. Es hemmt und lähmt auch die Entfaltung kommunaler Selbstgestaltung, wo wir sie dringend brauchen“, so der DLT-Präsident.
Brötel sagte zum Schluss: „Wir müssen uns in diesen Fällen ehrlich machen, auch wenn es weh tut. Jeder Euro lässt sich nur einmal ausgeben und jede Fachkraft nur einmal einsetzen. Deshalb brauchen wir dringend den Mut zur Priorisierung. Wir müssen offen sagen, was noch geleistet werden kann, was aber umgekehrt eben auch nicht mehr zu schultern ist.“