Die Klimawende gelingt nur mit den ländlichen Räumen
„Die Klimawende kann nur mit den ländlichen Räumen gelingen, ohne sie steht das Generationenprojekt auf tönernen Füßen,“ so formulierte es der Präsident des Deutschen Landkreistages Landrat Reinhard Sager anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Papiers des kommunalen Spitzenverbandes zu Klimawandel und erneuerbaren Energien. „Die Mehrheit der Bevölkerung lebt in Landkreisen. Diese Menschen tragen einen Großteil der Lasten zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele. Auf dem Land befinden sich die meisten Anlagen für Windkraft, Bioenergie und Solarstrom. Daher brauchen die ländlichen Räume einen Ausgleich mit dem Ziel einer gerechten Lastenverteilung. Das heißt vor allem, die Investitionen z. B. im Bereich der digitalen Infrastruktur, der medizinischen Versorgung, beim Verkehr oder im Hinblick auf die Dezentralisierung von Bundes- und Landesbehörden hochzufahren. Nur so kann eine Energie- und Klimapolitik gelingen, die von der Bevölkerung überall im Lande akzeptiert und unterstützt wird.“
Das Präsidium des Deutschen Landkreistages, so Sager weiter, habe im vergangenen Monat deutlich gemacht, dass sich die 294 Landkreise ihrer Verantwortung zur Erreichung der Klimaschutzziele bewusst seien und darin eine Chance auch für die wirtschaftliche Entwicklung in den Landkreisen sähen. „Das erfordert vor allem Augenmaß und wirtschaftliche Vernunft, etwa in Bezug auf die Strompreise und die Mitnahme der Bevölkerung.“
Bei den nationalen Klimaschutzmaßnahmen sei darauf zu achten, dass die Emissionsreduktion zu wirtschaftlich und sozial vertretbaren Bedingungen einschließlich Kosten und sonstigen Auswirkungen erfolge. „Klimapolitik muss für die Menschen nachvollziehbar sein und gerade in ländlichen Räumen auch einen Mehrwert bieten. Für dortige Klimaschutzmaßnahmen könnten etwa höhere Förderquoten vorgesehen werden. Damit würde man die die Akzeptanz in der Bevölkerung befördern und einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten“, so Sager.
Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Landkreistages gibt es in 77 % der Landkreise bereits eine ausformulierte Strategie für den Klimaschutz oder für die Nutzung von erneuerbaren Energien. Weitere 14 % der Landkreise beschäftigen sich mit der Aufstellung einen solchen Strategie. In knapp drei Vierteln der Kreisverwaltungen gibt es zudem eine Einheit, die sich schwerpunktmäßig mit dem Klimaschutz beschäftigt. „Das belegt, dass die Landkreise strukturell gut gerüstet sind, um bei diesem Thema entscheidende Schritte voranzukommen.“
Allerdings müssten die Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden. „Wir leisten uns im deutschen Förderdschungel eine überbordende Bürokratie und bremsen so dringend notwendige Entwicklungen aus, die eigentlich auf der Überholspur realisiert werden müssten“, gab der DLT-Präsident zu bedenken. Neben der Anlagenplanung betreffe das etwa auch den Bau neuer Stromtrassen. „Hier tut der Bund bereits etwas in Sachen Planungsbeschleunigung, gleichwohl müssen wir hier noch um Längen besser werden.“ Darüber hinaus seien die Länder aufgefordert, kommunale Klimaschutzaktivitäten dauerhaft und grundlegender zu finanzieren. „Wir müssen wegkommen von immer neuen Projektfinanzierungen. Klimaschutz ist ein Dauerthema, für das wir auch die finanziellen Ressourcen dauerhaft strukturell bereithalten müssen.“
Sager berichtete außerdem aus der Umfrage des Landkreistages, dass vor Ort noch immer zum Teil erhebliche Akzeptanzprobleme, beispielsweise im Hinblick auf Windkraftanlagen, bestünden. „53 % der Landkreise haben uns das mitgeteilt.“ Eine Verständigung auf eine Abstandsregelung zu vorhandenen Siedlungsstrukturen sei in dieser Hinsicht ein richtiger Schritt. „Aufgrund der unterschiedlichen Betroffenheit vor Ort sollte diese Regelung dann landesbezogen oder sogar für jede Gemeinde gesondert ausgestaltet und zugeschnitten werden.“
Ferner sprach er die Frage einer CO2-Bepreisung an, die vor allem für die Bevölkerung in ländlichen Räumen spürbar werden würde. „So sind die Menschen in den Landkreisen in aller Regel auf den eigenen Pkw angewiesen. Es ist deshalb notwendig, für die Betroffenen nach einem finanziellen Ausgleich zu suchen. Hierbei geht es auch darum, nicht einen Wegzug aus dem ländlichen Raum noch zu befördern, sondern diesem entgegenzuwirken. Wir fordern daher eine dauerhafte Entlastung bei der Pendlerpauschale, und zwar vom ersten Kilometer an und nicht wie derzeit geplant ab dem 21. Kilometer“, sagte Sager. Auch würde die CO2-Bepreisung die Mobilität der Bevölkerung etwa mit Blick auf Einkäufe, Arztbesuche oder sonstige Besorgungen verteuern, was durch die Anhebung der Kfz-Steuer noch verschärft würde. „Auch hier müssen individuelle Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger erfolgen.“
Das Papier „Klimaschutz und erneuerbare Energien in den Landkreisen“ ist dieser Pressemitteilung beigefügt (Anlage) und unter www.landkreistag.de abrufbar.
Quelle: Pressemitteilung des DLT vom 11.02.2020