Seit 2015 legt die Kreisverwaltung sogenannte Stillgewässer überwiegend in den Waldgebieten des Kreisgebietes an. „Flächen im Freiland zu finden, ist schwierig“, berichtet Projektleiter Uwe Heimfarth, denn hier sei der Nutzungsdruck vor allem durch die Landwirtschaft hoch. Und so konzentriert sich das Projekt auf Wälder, von denen der Rhein-Hunsrück Kreis ja besonders viele besitzt. Die in den Hunsrückwäldern so häufigen Decklehmschichten eignen sich hervorragend für die Modellierung von Geländemulden, die sich schnell mit Wasser füllen und auch bald von den ersten Tieren besiedelt werden.
Förster benennen Standorte
Der Tümpelbau als Naturschutzmaßnahme wird im Kreis schon seit Jahrzehnten im Rahmen von gelegentlichen lokalen kleineren Projekten durchgeführt. Als großes kreisweites und mit Ersatzzahlungen finanziertes Programm startete er 2015. Im Jahr 2018 wurde das Projekt auf die Reaktivierung von vorhanden Gewässern ausgeweitet und mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. 2024 wurden die Gelder wegen des großen Projekterfolges nochmals deutlich erhöht.
Knapp ein Drittel der Leben spenden Teiche war bereits vorhanden, musste aber nach Verlandung durch Ausbaggern wiederhergestellt werden. Die große Mehrheit ist neu angelegt. Bei der Auswahl geeigneter Flächen verlässt man sich auf die Ortskenntnis der Revierförster, erläutert Heimfarth. Und nicht selten ließen sich so „durch Windwurf oder Klimawandelfolgen wie Borkenkäferkalamitäten geschädigte Bereiche neu beleben“.
Neben ihrer Funktion als Lebensraum für Tiere sind die Wasserflächen wichtig für das Zurückhalten das Niederschlagswasser im Wald. Sie verringern das Überflutungsrisiko in der Umgebung und sie verzögern das Austrocknen der Bestände in den trockenen Sommermonaten.
Die Kosten sind sehr unterschiedlich. Die Neuanlage eines kleineren Tümpels ist dabei deutlich günstiger als die Entschlammung eines vorhandenen größeren Weihers. Im Schnitt aller Maßnahmen sind rund 1.500 Euro pro Biotop aufgewandt worden für die Baggerarbeiten, die regionale Unternehmen leisten. Der „Finanzierungstopf“ bei der rheinland-pfälzischen Stiftung Natur und Umwelt ist Uwe Heimfarth zufolge im Laufe des Projektes auf rund eine halbe Million aufgelaufen. Noch bis 2033 können weitere Maßnahmen aus diesem Topf finanziert werden.
Fortsetzung ist finanziert
Denn die sogenannten Ersatzzahlungen (meist für Hochbauten wie Windräder, Stromleitungstrassen oder Mobilfunkmasten) fließen stets an die Stiftung; drei Jahre lang hat die betroffene Gebietskörperschaft dann Erstzugriff auf die Mittel.
Dadurch werden die Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Natur möglichst in regionalem Bezug zu den Baumaßnahmen umgesetzt. Rund 200.000 Euro davon habe der Rhein-Hunsrück-Kreis seit 2015 ausgegeben, sagt Heimfarth; eine Bewilligung über weitere 287.000 Euro für das Fortsetzen des Projekts liege vor.
Forscher sind beeindruckt
Das Projekt wird seit 2017 wissenschaftlich begleitet von der Universität Koblenz. Gemeinsam mit Studierenden untersucht Professor Thomas Wagner, welche Amphibien, Libellen und Wasserkäfer die neu angelegten Kleingewässer besiedeln. Seit diesem Frühjahr läuft eine erneute Erfassung: Gefunden wurde insbesondere die Erdkröte, die an allen untersuchten Gewässern in großer Zahl abgelaicht hat. Weitere häufige Arten waren der Grasfrosch und der Fadenmolch. Daneben waren Berg- und Teichmolche sowie Feuersalamander häufig gesehene Gäste in den Biotopen.
Zum Forschungsteam zählen die beiden ausgewiesenen regionalen Artenkenner Ursula und Manfred Braun, ehrenamtlich. Das aus Nassau stammende Ehepaar, in der rheinland-pfälzischen Biologenszene seit vielen Jahrzehnten aktiv und hoch angesehen, lobt das seit 2015 laufende Vorzeige-Projekt, das man „sich in ähnlicher Form in vielen anderen Kreisen wünschen würde“, heißt es in einer Pressemitteilung der Kreisverwaltung. Tatsächlich findet das Projekt inzwischen Nachahmer. Unter anderem im Westerwald, wo die Vorbereitungen für das Ausbaggern von elf Teichen gerade abgeschlossen sind.
Im Hunsrück freut sich Landrat Volker Boch: „Hier wird der Natur Raum gegeben – und dies auf einfach umzusetzende Weise. Dieses Geld, das durch den windkraftbedingten Eingriff in die Landschaft als Ersatzgeld gezahlt werden muss, wird bei den Tümpel-Projekten im Rhein-Hunsrück-Kreis auf sehr wertvolle Art eingesetzt.“
Auskunft zum Stillgewässer-Projekt (so der offizielle Name) des Rhein-Hunsrück-Kreises gibt es unter Telefon 06761 / 82-661, Email: uwe.heimfarth@rheinhunsrueck.de. Projektleiter Heimfarth nimmt sehr gerne neue Projektvorschläge entgegen – auch für nicht aquatische Naturschutzmaßnahmen – und er unterstützt in allen Fragen zum Naturschutz.