Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist, dass ein „städtebaulicher Missstand“ festgestellt wird. Das hat die Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (DSK) bescheinigt. Möglich wurde es, nachdem der Gesetzgeber nun auch „energetische Belange“ als Missstand neu in das Baugesetzbuch aufgenommen hat.
Mit der energetischen Sanierungssatzung setzt die Gemeinde Spiesheim ein Projekt ihres im Jahr 2019 erstellten Quartierskonzeptes um. Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken im definierten Sanierungsgebiet können künftig die Kosten energetischer Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen innerhalb von zwölf statt der üblichen 40 Jahre als Abschreibung komplett von der Steuer absetzen. Durch die verkürzte Abschreibungszeit kann man mit deutlich höheren Steuererstattungen rechnen“, ergänzt Melanie Schmitt, Gebietsleiterin Rhein-Main der DSK, „wobei gegebenenfalls aus anderen Förderprogrammen in Anspruch genommene Gelder verrechnet werden.“
Wärme, Grün und Barrierefreiheit
Der Katalog der so begünstigten Maßnahmen ist umfangreich. Daria Paluch, Klimaschutzmanagerin der VG Wörrstadt, nennt den Austausch veralteter Gebäudeteile, auch von Türen und Fenstern, die Fassadensanierung, Dachdämmung und -begrünung, Austausch oder Sanierung von Heizungsanlagen. Die Effekte für Energieverbrauch und Treibhausgas-Bilanz sind evident, Paluch betont aber zugleich, dass damit „vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiepreise auch bares Geld gespart wird“.
In den Genuss der steuerlichen Möglichkeiten kommen nur neue Maßnahmen, bereits laufende scheiden aus. Neben diesen „klassischen“ Eingriffen fallen beispielsweise auch Maßnahmen zur Barrierefreiheit darunter.
Wer sich für eine energetische Modernisierung entscheidet, schließt mit der Ortsgemeinde Spiesheim einen Modernisierungsvertrag, der die Details regelt. Erst wenn die DSK dann die entsprechende Bescheinigung ausstellt, können die Kosten beim Finanzamt geltend gemacht werden. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG), Markus Conrad, zeigt sich „froh über die große Offenheit, die der Gemeinderat für diese wirklich hochkomplexe Materie zeigt“. Und er freut sich über das Interesse weiterer Ortsgemeinden in der VG Wörrstadt: Grundsätzlich sei es wünschenswert, derartige Konzepte in naher Zukunft auch auf die anderen Gemeinden ausweiten zu können. Ensheim befinde sich derzeit in der vorbereitenden Untersuchung, weitere Ortsgemeinden könnten folgen.
Viele veraltete Ölheizungen
In der Vorreiterrolle war Spiesheim schon einmal: Vor gut fünf Jahren schloss die Gemeinde als erste in der Verbandsgemeinde Wörrstadt und darüber hinaus für ihr Neubaugebiet „An der Gänsweide“ die Nutzung fossiler Brennstoffe komplett aus. Im übrigen Ort werde momentan, so berichtet Ortsbürgermeister Hans Philipp Schmitt, „hauptsächlich mit Öl geheizt, da durch den Ukrainekrieg das Vorhaben, Erdgas verlegen zu lassen, gestoppt wurde. Ich denke, dass geschätzt 80 Prozent der Häuser veraltete Heizungen haben, so dass hier ein Wechsel erforderlich ist oder zumindest in Kürze ansteht.“
„Mit einem solchen energetischen Sanierungsprogramm können Kommunen tätig werden, ohne viel Geld in die Hand zu nehmen“, betont VG-Bürgermeister Conrad, „das ist ein großer Pluspunkt.“ So habe die Untersuchung für Spiesheim nur 15.000 Euro gekostet, bringe für die Bürgerinnen und Bürger und damit für die Gemeinde aber enorme Vorteile.
Auskunft zum energetischen Sanierungsgebiet gibt die Leiterin der Stabsstelle Klimaschutz in der VG Wörrstadt, Daria Paluch: Tel. 06732 – 601-5071, E-Mail daria.palluch@vgwoerrstadt.de.