Reform des Rettungsdienstes: In den Landkreisen brodelt es
Der Deutsche Landkreistag hat im Vorfeld seiner Jahrestagung in Merseburg (Saalekreis) den Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums für eine Reform der Notfallversorgung entschieden zurückgewiesen. Präsident Landrat Reinhard Sager dazu: „In den Landkreisen brodelt es. Die Landrätinnen und Landräte können nicht nachvollziehen, warum die Axt an den Rettungsdienst und damit an funktionierende und bewährte kommunale Strukturen gelegt werden soll. Denn das wäre nichts anderes, als den Krankenkassen das Recht einzuräumen, über den Rettungsdienst als kommunale Aufgabe zu entscheiden. Das kann und darf nicht sein.“ Stattdessen müsse es darum gehen, passende Lösungen für die ambulante Notfallversorgung der Kassenärztlichen Vereinigungen als reformbedürftigen Teil des Systems zu entwickeln. „Element dessen könnte auch eine Stärkung der kommunalen Leistellen-Kompetenz bei Notfällen sein.“
Das Bundesgesundheitsministerium hat unlängst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Ländern durch eine Änderung des Grundgesetzes die Verantwortung für den Rettungsdienst entziehen will. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die bestehende Struktur, die Finanzierung und die Weiterentwicklung des kommunalen Rettungsdienstes. Die jederzeitige schnelle Hilfeleistung unter der Nummer 112 soll durch unklare Regelungen gefährdet und das gute Zusammenwirken von Kommunen, Hilfsorganisationen und Kostenträgern künftig durch bundesweite Vorgaben gelenkt werden.
Lt. Sager sei es absolut indiskutabel, an dieser Stelle anzusetzen. „Reformbedarf besteht gerade nicht in Bezug auf den kommunalen Rettungsdienst. Vielmehr ist es so, dass der kassenärztliche Bereitschaftsdienst strukturell nicht gut aufgestellt, nicht ausreichend leistungsfähig und vielerorts nicht bekannt genug ist. Daher erwarten die Menschen eine entscheidende Verbesserung genau an dieser Stelle.“ So sei immer wieder zu beobachten, dass Rettungswagen für Beschwerden gerufen würden, die nicht lebensbedrohlich - und damit auch keine akuten Notfälle - seien und stattdessen in die Verantwortlichkeit des Bereitschaftsarztes gehörten. Ebenso seien die Rettungsstellen der Krankenhäuser mitunter überfüllt mit Patienten, die von der Möglichkeit der Konsultation bestimmter diensthabender Hausärzte abends und am Wochenende nichts wissen.
Die Lösung sei daher darin zu suchen, den funktionierenden Teil, also den Rettungsdienst und die Leitstellen der Kommunen, entsprechend aufzuwerten. Es sei deshalb eher darüber zu diskutieren, den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst in den kommunalen Leitstellen zu disponieren. „Damit würde man die Problemlösung an eine funktionierende Leistellen-Struktur andocken. Das wäre vernünftig und nachvollziehbar“, verdeutlichte der DLT-Präsident.
Stattdessen schlage das Bundesgesundheitsministerium vor, den Rettungsdienst so zu behandeln wie andere Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung: zum Beispiel mit bundesweiten Vorschriften zur Planung der Rettungswachen-Standorte. Die Entscheidung der Landkreise in Bezug auf den Bedarf an Fahrzeugen, die Lage der Rettungswachen und die Auswahl der Leistungserbringer würde beseitigt. „Kurzum: Bedarfsgerechte örtliche Planungen zum Standort von Rettungsfahrzeugen und Rettungswachen durch die Kreistage würden unmöglich gemacht.“
Völlig ausgeblendet werde schließlich die enge Verzahnung des Rettungsdienstes mit der Feuerwehr und dem Katastrophenschutz, wie sie in der gemeinsamen Notrufnummer 112 und den integrierten Leitstellen zum Ausdruck komme. „Der Gedanke der kommunalen Leitstellen geht damit weit über den Rettungsdienst hinaus, sondern betrifft gerade auch Großschadenslagen wie Waldbrände, Überflutungen oder schwere Straßen- und Schienenverkehrsunfälle. Auch insofern würden die Vorschläge des Bundesministeriums viel Schaden anrichten und funktionierende Strukturen in Frage stellen“, so der Verbandspräsident abschließend.