Mit Nachdruck fordern sie vom Land endlich der Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2012 nachzukommen und den kommunalen Finanzausgleich aufgabengerecht auszustatten, anstatt ständig neue Lasten auf die Kommunen abzuwälzen.
Die KSV begründen ihre Forderung nach wirklich spürbaren Entlastungen insbesondere mit nach wie vor massiv steigenden Defiziten in den völlig unterfinanzierten Sozial- und Jugendhilfehaushalten, die letztlich alle kommunalen Ebenen mit deutlich über zwei Milliarden Euro belasten.
Mit der Unterfinanzierung der Kommunen durch das Land blieben – so auch der renommierte Finanzfachmann Prof. Dr. Junkernheinrich – dringend notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur auf der Strecke, sei es im kommunalen Straßenbau, bei der digitalen Infrastruktur, im Schulbereich oder bei der Ertüchtigung des ÖPNV. Der Bund habe zuletzt finanziell zwar einiges für die Kommunen getan; jetzt sei aber das Land gefordert.
Allein im investiven Bereich gäben die rheinland-pfälzischen Kommunen gut 300 Mio. Euro weniger aus als im Bundesdurchschnitt. Dies gehe zweifelsohne zunehmend zulasten der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Rheinland-Pfalz. Freiwillige Leistungen, auch zur Unterstützung des Ehrenamtes, könnten immer weniger erbracht werden. Die überwiegende Ehrenamtstätigkeit werde in den Ortsgemeinden erbracht. Folglich gelte es hier zusätzlichen finanziellen Spielraum zu schaffen. Denn immer noch seien auch die Finanzierungssalden von rund 53 % der Gemeinden und Gemeindeverbänden negativ. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse die Schlüsselzuweisung A weiter angehoben werden, auch vor dem Hintergrund, dass diese zu rund 80 Prozent über die Kreis- und die Verbandsgemeindeumlage wieder abgeschöpft werde. Nachgebessert werden müsse aus Sicht der KSV auch bei den kreisangehörigen Städten, die trotz teils seit Jahren defizitärer Haushalte durch die angedachte Reform schlechter gestellt würden.
Keinerlei Verständnis haben die drei Vorsitzenden der KSV, Ralph Spiegler (Gemeinde- und Städtebund), Günther Schartz (Landkreistag) und Dr. Bernhard Matheis (Städtetag), dafür, dass sich Städte, Kreise und Gemeinden gegenseitig in die Tasche greifen sollen. Denn nach dem geänderten Regelwerk gingen die dringend notwendigen, aber bei weitem unzureichenden Entlastungen der kreisfreien Städte 1 zu 1 zu Lasten des Landkreisbereiches, wo allerdings allein elf Landkreise ein negatives Eigenkapital von zusammen 700 Mio. Euro aufweisen, also im normalen Wirtschaftsleben Insolvenz anmelden müssten. Die Gesetzesänderungen führten bei den Landkreisen zu Mindereinnahmen in Höhe von 71 Mio. Euro, die das Land ausgleichen müsse.
Die Vorsitzenden der KSV sind nicht bereit, einen Verteilungskampf innerhalb der kommunalen Familie zu führen, sondern vertreten vielmehr gemeinsam die Auffassung, dass das Land hier einen substanziellen finanziellen Beitrag zu leisten habe. Nachdem der Landeshaushalt für 2017 einen Überschuss von einer knappen Milliarde Euro aufweise, müsse das Land seine Finanzpolitik ändern und dürfe seine Kommunen nicht länger im Regen stehen lassen. Von daher müsse schnell mehr Geld in den KFA, zumal die Kommunen allein für die Jahre 2017 und 2018 noch Abrechnungsguthaben gegenüber dem Land in Höhe von rund 280 Mio. Euro hätten.
Parallel zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs müsse nach Meinung der KSV auch das Thema des Altschuldenabbaus neu angegangen werden. Dies auch, weil der bestehende Kommunale Entschuldungsfonds sein Ziel einer substanziellen Verringerung der Schulden deutlich verfehlt habe.
Gestützt werden die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände durch ein aktuelles Gutachten des Finanzexperten Prof. Dr. Junkernheinrich, das sich intensiv mit den Kommunalfinanzen in Rheinland-Pfalz auseinandersetzt und betont, dass gerade angesichts der guten konjunkturellen Rahmenbedingungen nun auch in Rheinland-Pfalz der Zeitpunkt für eine nachhaltige Lösung des Gemeindefinanzproblems gegeben ist.
Hintergrundinformationen:
„Kommunale Finanzen“ – Erwartungen und Forderungen an das "Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs"
- Bundesweit werden Überschüsse in den kommunalen Haushalten erzielt, Rheinland-Pfalz nimmt an dieser Entwicklung gar nicht bzw. nur marginal teil.
- Der Unterschied zum Bundesdurchschnitt der Bundesländer beläuft sich in den letzten fünf Jahren auf zusammen 1,5 Mrd. Euro!
- Im Jahr 2016 fehlten bei rund 53 % aller Gemeinden und Gemeindeverbände rund 524 Mio. Euro um den Finanzierungssaldo auszugleichen.
- Im Durchschnitt der letzten 10 Jahre haben den Kommunen in Rheinland-Pfalz rund 319 Mio. Euro zum Ausgleich des Finanzierungssaldos gefehlt.
- Aufgrund der kommunalen Eigenanstrengungen sind in den Jahren 2014 bis 2016 rund 194 Mio. Euro in die kommunalen Kassen gelangt.
- Der Beitrag des Landes beschränkte sich dagegen auf eine Verstärkung der Verstetigungssumme im Jahr 2014 auf 50 Mio. Euro!
- Die positive Entwicklung der Konjunktur und das niedrige Zinsniveau sowie das Unterlassen von notwendigen Investitionen in der Vergangenheit haben lediglich zu einer leichten Entspannung der kommunalen Finanzsituation beigetragen. Dem hingegen kann das Land bereits im zweiten Jahr infolge seine Kredite zurückführen, zuletzt um rund 900 Mio. Euro!
- Der rheinland-pfälzische kommunale Finanzausgleich entspricht noch immer nicht den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs aus dem Urteil vom 14.02.2012. Hierzu bedarf es einer Anhebung der Finanzausgleichsmasse in Höhe von mindestens 300 Mio. Euro.
- Auch das neue Reformgesetz setzt aus kommunaler Sicht nicht die richtigen Akzente, eine entsprechende Anhebung der Finanzausgleichsmasse ab dem Jahr 2018 fehlt.
- Im Jahr 2018 werden keine zusätzlichen Mittel in das System des kommunalen Finanzausgleichs gegeben, sondern vorhandene Mittel, bzw. steuereinnahmebedingte Mehreinnahmen im KFA nur anders verteilt.
- Ohne zusätzliche Landesmittel kann der Kommunale Finanzausgleich aber seiner Ausgleichsfunktion nicht gerecht werden. Diese werden aber dringend gebraucht, um die massiven Zusatzbelastungen im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe wenigstens abzufedern. Die propagierte Anhebung der Verstetigungssumme in Höhe von 60 Mio. Euro im Jahr 2019 wird aus der Finanzreserve des kommunalen Finanzausgleichs finanziert, also von den Kommunen selbst.
- Das angekündigte Absenken der Verstetigungssumme im Jahr 2020 um rund 54 Mio. Euro wird dagegen nicht offen angesprochen, weil damit gegen die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2012 massiv verstoßen wird. Die erst 2014 gewährte Erhöhung der Landesleistungen um bestenfalls 50 Mio. Euro soll trickreich wieder einkassiert werden.
- Nebenbei: Die Kommunen haben im KFA eine Finanzreserve, also einen finanziellen Anspruch gegenüber dem Land, in Höhe von über 500 Mio. Euro, der aufgrund des vorgelegten Gesetzentwurfs weiter steigen wird. Es bestehen ferner Ansprüche gegen das Land aus der Abrechnung der Finanzausgleichsmasse der letzten Jahre in Höhe von rund 280 Mio. Euro. Solange die kommunalen Haushalte nicht ausgeglichen sind, gilt es diese Mittel möglichst zeitnah den Kommunen zur Verfügung zu stellen. Sie sind dringend darauf angewiesen!
- Das vom Land beabsichtigte Aktionsprogramm „Kommunale Liquiditätskredite“ wird aufgrund der in Aussicht gestellten Höhe der Beträge sowie aufgrund der beabsichtigten Ausgestaltung das Problem der Altschulden aus sog. Kassenkrediten in Höhe von 7,4 Mrd. Euro nicht beseitigen und aller Voraussicht nach auch nicht wesentlich mildern.
- Das Altschuldenproblem muss mit Hilfe des Landes jetzt angegangen und die Lösungen zeitnah umgesetzt werden. Das Land wurde von den kommunalen Spitzenverbänden mehrfach aufgefordert, die im Jahr 2017 eingesetzte Arbeitsgruppe weiterhin mit dem Thema zu befassen. Derzeit ruht die Arbeit dieser Gruppe aus für die hoch verschuldeten Kommunen unverständlichen Gründen.